Meike Piepenschneider

Meike Piepenschneider
Researcher at Faculty of Grassland Science, University of Kassel

Erstaunt hat mich, dass die Leute, die Bürger, nachgefragt haben. Ich dachte, das interessiert keinen Menschen, was wir da machen!

Ich bin an der Uni Kassel angestellt, Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften. Ich promoviere und bin seit Januar 2013 in dem COMBINE Projekt. Mittlerweile bin ich auch für MUBIGEN zuständig, das sich mit städtischer Biomasse beschäftigt.

Für mich ist das Projekt vor allem eine große Chance.

In dem MUBIGEN Projekt ist es das erste Mal, dass wir Gras ‚anfassen’, das keine naturschutzfachliche Relevanz hat, jedenfalls nicht im ersten Schritt, sondern im Moment ‚Abfall’ ist. Wir wussten nicht, was da überhaupt wächst. Wir kannten die Arten nicht. Wir wussten überhaupt nichts über diese Biomasse. Deswegen war der erste Schritt Proben zu nehmen und zu gucken, ob das IFBB Verfahren überhaupt funktioniert. Die Ergebnisse sind total simpel, weil es einfach genauso ist wie immer! Das IFBB-Verfahren ist an sich so robust, dass man immer die gleichen Ergebnisse bekommt. Sie sind sogar ein bisschen besser!

Gras unterscheidet sich nicht wirklich zwischen Stadt und Land, stattdessen ist die Art des Managements wichtig. Umso älter Gras wird, umso stärker baut es Faserstoffe auf, Holzstoffe, weil es ja ‚halten’ muss. Das hängt aber von dem Management ab und nicht davon wo der Grashalm wächst. In der Stadt wird ziemlich häufig gemäht, das Straßenbegleitgrün in Kassel zum Beispiel circa acht Mal im Jahr. Das ist echt viel, vor allem im Vergleich zu extensivem Grasland, das nur ein- oder zweimal im Jahr gemäht wird.

Meike Piepenschneider

‚Naturschutzgrünland’ von richtig hohem Wert ist ja erst dadurch entstanden, dass der Mensch immer wieder Material weggenommen hat und dadurch weniger Nährstoffe zur Verfügung stehen. Die eigentlich konkurrenzstärkeren Arten werden so schwächer und die konkurrenzschwächeren Arten können sich eher durchsetzen.

Ob man das jetzt durch anhaltendes Wegnehmen der Biomasse erhält oder nicht, das ist einfach eine gesellschaftliche Frage. Das könnte man auch sein lassen. Man kann auch Deutschland überall wieder mit Wald bestocken. Wenn das gewollt ist, wäre das der natürliche Weg. Aber das ist - im Moment zumindest - nicht das, was die Gesellschaft möchte. Die Gesellschaft möchte Offenlandstrukturen und Arten schützen - gerade auch Tierarten wie das Rebhuhn, das ja auch ganz emotional belegt ist. Die brauchen diese offenen Landschaften. Und wenn man das Rebhuhn in Deutschland haben möchte, dann braucht man auch offene Landschaften. Es ist eine Kulturlandschaft.

Das ist ein schönes Gefühl, dass man etwas schafft, Wissen schafft.

Es wird sich in den nächsten Jahren herausstellen, in welchen Fällen das Verfahren ökonomisch Sinn macht. Solange die Biomasse kostenlos ist, ist das kein Problem. Sobald man jedoch dafür bezahlen muss, wird es kritisch. Grade beim Stichwort ‚verknappende Ressourcen’ kann es passieren, dass Biomasse einen Wert bekommt, dass das, was jetzt ‚Abfall’ ist, mal ein Wertgegenstand wird. Dann muss man genau gucken, wann IFBB funktioniert. Wenn sicher wäre, dass es auf jeden Fall ökonomisch ist, wäre IFBB schon längst überall gebaut. Ist es aber nicht. Und das hängt auch damit zusammen, dass es wirtschaftlich ein gewisses Risiko beinhaltet und nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen funktionieren kann.

Für mich ist das Projekt vor allem eine große Chance. Eine Chance mich zu bilden und an etwas Neuem mitzuwirken, wo nicht alle Fragen von vornherein klar oder beantwortet sind, sondern wo ich auch Teil von einem Findungsprozess bin. Dass eine Frau das Gefühl hat etwas beweisen zu müssen gegenüber Männern oder unterschätzt wird - ich glaube das ist ein bisschen ein Thema von unseren Eltern, aber nicht mehr von unserer Generation. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich einen größeren Kampf ausfechten müsste, als meine männlichen Kollegen.