Lutz Bühle

Lutz Bühle
Doktorand, Universität Kassel, Witzenhausen

Wir hatten bis heute über 3000 Besucher in der Anlage, die überwiegend gut gelaunt wieder nach hause gingen.

Ich bin wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni Kassel. Ich habe in Witzenhausen studiert und dort 2009 mit einer Promotion angefangen. Ich war im wesentlichen damit beschäftigt in dem PROGRASS-Projekt den Prototypen zu konzipieren und in Betrieb zu nehmen, Kinderkrankheiten auszuräumen, mit der Technik auf Tuchfühlung zu gehen.

Wir waren mit dem Prototypen, dem ‚Blauen Konrad’, unterwegs und haben ihn einer breiten Öffentlichkeit vorgeführt. Zuerst waren wir drei Monate in Vogelsberg. Dann ging’s nach Estland weiter. Dann waren wir in Wales und wieder in Estland. Damals war ich Single. Das ist jetzt nicht mehr so und da gibt’s bestimmt auch Zusammenhänge. Es ging einfach viel Zeit drauf.

Ich habe als Kind schon gern gebastelt.

Das Schönste an der Betreuung des Prototyps ist, dass man überall auf eine große Nachfrage stößt. Klar gibt’s auch mal kritische Stimmen und man hat immer Leute, die einfach darauf warten zu nörgeln. Aber eigentlich gab es wenige Argumente dagegen und man ist überall auf offene Ohren gestoßen.

Insofern war es insgesamt eine schöne Erfahrung, aber auch mit viel Aufwand verbunden. Technikentwicklung bedeutet immer, dass erstmal nichts funktioniert, dass man sich viel mit Herstellern herumschlägt und alles unter Zeitdruck. Als wir im März 2010 den Prototypen geliefert bekamen, standen wir da irgendwo in Vogelsberg bei Minusgraden. Ständig ist alles eingefroren und die Technik hat nicht funktioniert. Wir haben bis abends um 20 Uhr daran ‚herumgekaspert’ und gehofft alles flott zu kriegen, weil am nächsten Tag 50 Besucher kommen sollten.

Lutz Bühle Ein Hektar Wiese versorgt eine Person ein Jahr lang mit Wärme.

Leider ist es so, dass neunzig Prozent der Leute, die mit dem Verfahren zu tun haben, sich nicht wirklich dafür interessieren. Die erwarten nur, dass die Anlage läuft. Es kommt aber keiner, der letzten Endes zum Ziel kommen will, drum herum, dass er sich wirklich an die Aggregate stellt und versteht wo die Probleme liegen. Das heißt, wie kann ich eine feuchte Biomasse häckseln? Wie kann ich eine trockene Biomasse häckseln? Wie kann ich die maischen? Wie schwimmt die auf? Was sinkt ab? Wie kriege ich das wieder rausgepumpt? Welche Pumpe muss ich verwenden, damit die Pumpe nicht nach zwei Stunden undicht wird? Welche Feuchte muss ein Brennstoff haben, damit das Brikett nachher nicht zerfällt? Das sind relativ viele Punkte, die man in einer Präsentation nicht vermitteln kann. Das schnallt man nur, wenn man sich die Finger schmutzig gemacht hat und sich mal darüber aufgeregt hat, wenn es nicht funktioniert, irgendwann aber geklappt hat.

Mittlerweile sind wir so weit, dass wir mit relativ geringem Aufwand eine gute Show erzielen können. Der Prototyp ist jetzt in so einem Zustand, dass er einen guten Eindruck auf die Leute macht. Für das letzte Projekt haben wir eine Brikettpresse eingebaut und das ist natürlich ein Hingucker. Das merkt man. Obwohl das von der Innovation her eher überschaubar ist, was wir da geleistet haben. Aber wenn man nachher so etwas in der Hand hält, geht man anders nach Hause als wenn man nur eine Schneckenpresse sieht. Es ist auch eine Maschine, die Lärm macht. Es bewegt sich was! - Anders als eine Biogasanlage, wo man nicht sieht, was drinnen passiert. Das haben wir beobachtet bei vielen Events, wo die Leute drum herum standen und nicht in den Container kamen. Dann haben wir die Brikettpresse angestellt und es hat gerumst und sonst was und auf einmal sind alle aufgeschreckt und hingeströmt. - Ein einfaches Mittel, um Leute anzulocken. Das funktioniert!